Hundegesetz – ein Aprilscherz?

Auch wenn sich die Hunde-Lobby zur Demo am 1. April 2006 einige Teilnehmer mehr gewünscht hätte, war der Zug durch die Hamburger Innenstadt dennoch ein großer Erfolg. Nicht nur, dass mehr als 700 Demonstranten, viele begleitet von ihren Vierbeinern, dem Senat und der Bürgerschaft für Deutschlands hundefeindlichste Gesetzgebung die Rote Karte gezeigt haben, bereits während und nach der Demo ging bei der Hunde-Lobby eine kaum für möglich gehaltene Flut von Mitgliedsanträgen ein.

Zum Auftakt der Veranstaltung machte Michael Rockel, 1. Vorsitzender des Hunde-Lobby e.V., noch einmal deutlich, was der Verein am Hundegesetz kritisiert: „Vor einem Jahr, auf der letzten Demo war es 5 vor 12. Heute, am 1. April 2006 schlug es 13. Die Politik hat sich nicht um unsere bekannten Argumente gekümmert und entgegen wissenschaftlicher und rechtlicher Warnungen das Gesetz mit dem nun vorliegenden Inhalt in Kraft treten lassen.

Die Hunde-Lobby lässt kein gutes Haar an dem Gesetz: Neben den vielen Unzulänglichkeiten haben wir stets auf die Tierschutzwidrigkeit hingewiesen, die es uns schwer macht, unsere Hunde artgerecht zu halten. Durch den generellen Leinenzwang wird es noch schwieriger, unsere Hunde zu sozialisieren und die soziale Kompetenz zu erhalten.
Nachdem das Grünanlagengesetz, das im übrigen nicht zu unseren Gunsten geändert wurde, uns schon genug Beschränkungen auferlegt hat, wird nun die Erziehung des jungen Hundes im Kern getroffen. Alle wissen, dass die Gehorsamsprüfung geschaffen wurde, um eine Befreiung vom generellen Leinenzwang zu erreichen! Nach den gesetzlichen Regeln darf die Gehorsamsprüfung jedoch erst  mit dem ein Jahr alten Hund durchgeführt werden.
Bis zu diesem Alter müssen Sie Ihren Hund in einer Phase, in der er das meiste für sein späteres Leben lernt und lernen muss, ständig anleinen. Dies verstößt in noch höherem Maße gegen das Tierschutzgesetz, als es der generelle Leinenzwang ohnehin schon tut.
Rechtlich gesehen verstößt hier Landesrecht gegen Bundesrecht. Die Hunde-Lobby wird dieses Gesetz auch deswegen verfassungsrechtlich überprüfen lassen.

Gegen geltendes Verfassungsrecht verstoßen weiterhin die Rassenlisten. Wider jeglichen Sachverstand und die guten Erfahrungen aus anderen Bundesländern ohne Rassenlisten (Niedersachsen und Thüringen) hat der Gesetzgeber in Hamburg die Listen nicht nur beibehalten, sondern erweitert und sich vorbehalten sie um weitere Rassen zu ergänzen. Zunächst müssen der Rottweiler und der Bullterrier daran glauben. Die so genannte Gefährlichkeit des Bullterriers, die bislang „widerlegbar“ war, ist plötzlich, ohne jeden Beißvorfall nicht mehr zu widerlegen. Es fehlt im Gesetz dafür an jeder Begründung. Aber Staatsrat Wersich hat auf dem Hundesymposium der Hunde-Lobby den scheinbaren Unsinn in anderem Zusammenhang begründet. Auf die Frage, wie es die Stadt Hamburg hinnehmen könne, dass der HVV ordnungsgemäß gehaltene Hunde und deren Halter nicht mehr transportiert, äußerte er sinngemäß, dass diese Hunde insgesamt aus dem Stadtbild verschwinden sollen. Es wird also akzeptiert, dass trotz Haltungserlaubnis und insgesamt gesetzmäßigem Verhaltens einzelnen Bürgern dieser Stadt, die Mitnahme durch den HVV verweigert wird. Damit werden Menschen zwar nicht wegen ihrer eigenen Rasse, aber der ihrer Hunde diskriminiert. Hamburg möge bitte per sofort das „Freie“ aus seiner Stadtbezeichnung streichen. Die Hunde-Lobby wird dafür sorgen, dass Bulli & Co. aus dem Hamburger Stadtbild nicht verschwinden. Versprochen!!!

Auch die Einführung eines Zentralregisters werden wir verfassungsrechtlich prüfen lassen. Es sollen Daten erfasst werden, die mit der Hundehaltung in keinem direkten Zusammenhang stehen. Bitte schauen Sie sich das Gesetz und die Fragebögen zur Hundehaltung allgemein und zum Gehorsams- und Wesenstest im Besonderen einmal an.“ Rockel appellierte an die Hundehalter: „Holen Sie sich umgehend sämtliche Informationen komplett vom zuständigen Verbraucherschutzamt, denn in den Informationsblättern, die Ihnen zugesandt werden, steht nur die halbe Wahrheit. Werden Sie Mitglied der Hunde-Lobby, die Ihre Interessen in dem bevorstehenden Wirrwarr bestens vertreten wird.“Vom Regenwetter unbeeindruckt, setzte sich nun der Zug Richtung Rathausmarkt in Bewegung. Eigens für die Demo hatte die Hunde-Lobby den „Dog Rap“ eingespielt (MP3 bitte kostenlos über kontakt@hundelobby.de anfordern) und vom Verlag des Sängers Georg Danzer die Erlaubnis erhalten, seinen Song „Ich bin dagegen“ mit einem auf die Hamburger Verhältnisse zugeschnittenen Text während der Demonstration zu spielen.

Vor dem Rathaus angekommen, hielt Hunde-Lobby-Gründungsmitglied und Sprecherin der Initiative doggy-x, Angela Wierig, jetzt die Rede einer inzwischen reichlich ungehaltenen Hundehalterin: „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Hamburgerinnen und Hamburger, geliebte Hunde! Ich freue mich, Sie heute auf unserer inzwischen schon vierten Demonstration begrüßen zu dürfen. Ganz besonders freue ich mich über jeden einzelnen der so zahlreich erschienenen Hunde. Schön, dass es Euch gibt und hoffentlich bleibt Ihr uns noch lange erhalten.

Es ist unsere vierte Demo und hinter uns liegen unzählige Anhörungen und Diskussionen; unzählige Versuche den Damen und Herren der Politik wenigstens ein Mindestmaß an Sachverstand mit auf den Weg zu geben. Leider vergeblich. Ich bin maßlos enttäuscht von der Politik und ich bin den verantwortlichen Politikern dafür zutiefst zu Dank verpflichtet. War ich doch tatsächlich in der Fehlvorstellung verhaftet, Politik wolle etwas Gutes für die Menschen bewirken. Dachte ich doch wirklich, es ginge um das gedeihliche Zusammenleben von Menschen und um die Vision von einer besseren Welt. Nun, ich war blind und jetzt kann ich sehen. Kein Grund, irgendjemandem böse zu sein. Aber ein Grund aufzuwachen und zu bemerken, dass sich mein Schicksal nur ändern wird, wenn ich selbst es ändere. Deshalb bin ich hier.

Ab heute gelten neue Regeln in unserer Stadt. Heute ist das Hundegesetz – genauer: das Gesetz zur Neuregelung über das Halten und Führen von Hunden – in Kraft getreten. Man könnte meinen, das Datum sei in einem Anflug von Selbsterkenntnis des Senats mit Bedacht gewählt. Dieses Gesetz ist ein Scherz. Ein böser Scherz. Und leider todernst gemeint. Ich möchte hier nur drei Beispiele nennen, an denen die sinnentleerte Bösartigkeit des Gesetzes überdeutlich zu Tage tritt.

Der Irrsinn der Rasselisten ist hinlänglich bekannt. Die Tatsache, dass Hunde der Rassen Pitbull, AmStaff, StaffBullterrier und Bullterrier nunmehr per Gesetz zu einem lebenslangem Siechtum mit Maulkorb und Leine verdammt sind, ist in einer Republik, die das „Staatsziel Tierschutz“ in der Verfassung hat, unerträglich. Diese Bestimmungen dienen dann auch nur einem einzigen Zweck: der Ausrottung dieser Rassen. Staatsrat Wersich hat das offen auf dem Symposium letzter Woche zugegeben. Noch mal zur Erinnerung: eine gesteigerte Gefährlichkeit dieser Hunde wurde in keiner einzigen kynologischen Untersuchung nachgewiesen. Insbesondere der Bullterrier ist aufgrund seines besonders liebenswürdigen Wesens im Ausland ein ausgesprochen beliebter Therapiehund. In einer Welt, die immer ärmer an Arten wird, können wir es uns schlicht nicht leisten, ganze Rassen auszurotten. Die Welt wäre ärmer ohne sie.

Der Senat schafft es aber, noch einen draufzusetzen. In seinem blinden Rassenhass – Entschuldigung, aber dies ist der einzig zutreffende Begriff – wurde dann noch schnell eine Bestimmung geschaffen, dass auch Kreuzungen zwischen diesen Hunden wie Reinrassige behandelt werden. In Zweifelsfällen hat der Halter nachzuweisen, dass der Hund keine Vorfahren der „unwiderlegbar gefährlichen“ Rassen hat.  Da kommt also jemand von der Behörde und behauptet mal, das der von ihm kontrollierte Labrador einen mächtig kantigen Schädel hat. Kommt ja vor, beim Labrador. Nun beweisen Sie mal, dass der Ur-Opa des Hundes kein AmStaff war. Der Beweis wird Ihnen nicht gelingen. Nicht alle Hunde haben Zuchtbücher und Stammbäume. Und einen genetischen Marker für eine bestimmte Rasse gibt es einfach nicht. Es existiert keine Untersuchungsmethode, die eine unzweifelhafte Rassebestimmung zulässt. Uns wird eine Verpflichtung auferlegt, die wir von vornherein auf keinen Fall erfüllen können. Da fehlen einem die Worte. Mein Gordon Setter ist ab heute auf Diät. Angesichts seiner Fellzeichnung ist er ganz klar ein Rottweiler Mischling. Lassen Sie bloß Ihren Dobermann nicht zu kräftig und Ihren Rehpinscher nicht zu groß werden – alles Rottweiler. Der Gegenbeweis wird Ihnen nicht gelingen.

Ebenso wenig wird es Ihnen gelingen, Ihrem Hund noch ein lebenswertes Hundeleben unter diesem Gesetz zu ermöglichen.  Hunde wollen rennen – die meisten jedenfalls. Wollen sich auslaufen, mit ihren Artgenossen toben und ihren hundlichen Angelegenheiten in Ruhe nachgehen können. Die Politik will uns weismachen, diese Möglichkeiten seien künftig gegeben. Stichwort: „Gehorsamsprüfung“. Das Unwort des Jahres 2006. Was bitte hat Gehorsam mit Gefährlichkeit zu tun? Im schlimmsten Fall viel: ein gebrochener Hund ist ein gefährlicher Hund. Und wenn wir uns die Beißvorfälle analytisch vor Augen führen, müssen wir feststellen, das beißen in Situationen geschieht, in denen entweder die Kommunikation zwischen Mensch und Hund nicht funktioniert hat oder der Hund mit der Situation schlicht überfordert war.

Das hat aber nichts mit Gehorsam zu tun. Im Gegenteil: ein Hund, der gefordert ist, seine eigenen Lösungsstrategien zu entwickeln, wird im Zweifel souveräner sein als sein Artgenosse, der ohne Kommando nicht weiß, was er tun soll. Die Sinnhaftigkeit dieser Gehorsamsprüfung ist also mehr als zweifelhaft.

Und immer wenn Kinder nicht einsehen wollen, dass sie was Sinnloses tun sollen, wird ihnen eine Belohnung versprochen (…gib der Tante ein Küsschen – aber die Tante stinkt – kriegst auch Schokolade). Der Senat behandelt uns mit diesem Gesetz wie unmündige Kinder – und unsere „Schokolade“ ist die „ungeheure Verbesserung“ unserer Situation. Wie Herr Dressel immer sagt: ‚Sie begreifen nicht, dass sie mit dem neuen Hundgesetz viel besser gestellt sind, als in der Vergangenheit‘. Nein, Herr Dressel, das begreife ich nicht. Und ein Küsschen kriegen sie auch nicht.

Diese so genannte Besserstellung soll nämlich darin bestehen, dass ich den Hund mit Gehorsamsprüfung wieder von der Leine lassen darf. Aber nur da, wo er auch jetzt schon ohne Leine laufen darf, also an den Straßen. Auch mit Gehorsamsprüfung darf ich noch immer nicht in die Parkanlagen. Für die, die immer dachten, das sei dann erlaubt, hier mal zur Klarstellung: § 9 regelt die Befreiung von der Anleinpflicht und in § 10 steht wörtlich: Regelungen über das Verbot der Mitnahme von Hunden, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, bleiben unberührt. Dies gilt insbesondere für die Mitnahmeverbote nach der Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen. Also grundsätzlich in allen Parkanlagen. Jetzt kommt die Ausnahme: wenn die zuständige Behörde – besser müsste es heißen: falls – die zuständige Behörde es erlaubt, dürfen Hunde auch auf Pfaden, Wegen und Rasenflächen ohne Leine geführt werden, wenn – falls – die Behörde diese Wege, Pfade und Rasenflächen entsprechend gekennzeichnet hat.

So eine Kennzeichnung habe ich noch nirgendwo gesehen. Es ist auch äußerst zweifelhaft, ob überhaupt irgendeine Behörde solche Wege und Flächen kennzeichnen wird. Nach unseren bisherigen Erfahrungen mit der Freigabe von Freilaufflächen wird das eher nicht der Fall sein. Wir haben im Übrigen auch keinen Rechtsanspruch auf solche Freigaben; das hat das Gesetz wohlweislich gleich mitgeregelt. Und selbst wenn – wider Erwarten – solche Wege und Flächen freigegeben werden, so darf der Hund keinesfalls in das Unterholz oder an die Uferzone. Wie man einem Hund klarmachen soll, dass er am Rasenrand scharf zu bremsen hat und keinesfalls eine Pfote in das Unterholz setzen darf, ist mir ein Rätsel.

Und damit komme ich zu der dritten Riesensauerei – den Repressionen. Ich habe das Gefühl, es geht nicht um meinen Hund, sondern um Bin Laden, den ich an der Leine habe. Der Vergleich drängt sich daher auf, da wir in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg eine Verfassung erarbeitet hatten, die ihresgleichen suchte. Erst im Zuge der Terroristenprozesse wurden die bürgerlichen Rechte empfindlich eingeschränkt. Die Unverletzlichkeit der Wohnung war nicht mehr so unverletzlich, das Telefon- und Briefgeheimnis war nicht mehr so geheim. Im Großen und Ganzen wurde das von der Bevölkerung so hingenommen – es ging schließlich um Terrorismusbekämpfung.

Hier geht es aber nur um Hunde. Um Hunde, von denen konkret keine Gefahr ausgeht. Trotzdem hat das neue Gesetz drakonische Maßnamen bereitgestellt, um die Hundehalter für jeden Blödsinn gefügig zu machen. Zentraler Paragraph ist § 23. Der regelt die Anordnungsbefugnisse der zuständigen Behörde. Dort heißt es wörtlich: ‚Die zuständige Behörde kann das Halten eines Hundes untersagen, wenn gegen §§ 7, 8, 12 oder 13 verstoßen wird‘. Die genannten §§ beziehen sich auf die Aufsichtspflichten, die Anleinpflichten die Haftpflichtversicherung und die Anzeige- und Mitteilungspflichten. Im Klartext: die zuständige Behörde kann das Halten des Hundes untersagen, wenn der Halter den Hund ohne Leine führt. Das wird sogar im Gesetzestext noch mal wiederholt: ‚des weiteren kann die zuständige Behörde das Halten eines Hundes untersagen, wenn gegen Mitnahmeverbote verstoßen wird; insbesondere gegen das Mitnahmeverbot aus der Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen‘. Mal ehrlich: War Ihnen das bewusst? Die Behörde kann Ihnen die Hundehaltung verbieten, weil Sie irrigerweise annehmen – Sie haben ja die Gehorsamsprüfung brav absolviert und bestanden – Sie dürften Ihren Hund jetzt im Park ohne Leine laufen lassen. Bei der Diskussion über diesen § hatte ich bemängelt, dass auch so einfache Verstöße so radikal geahndet werden. Ich war der Ansicht, solche Verstöße müssten zumindest ‚grob‘ oder ‚beharrlich‘ sein. Für ‚grobe‘ und ‚beharrliche‘ Verstöße sieht das Gesetz hingegen vor, dass generell die Haltung von Hunden untersagt wird. Der Vollständigkeit halber kann de Behörde natürlich auch die Befreiung von der Anleinpflicht widerrufen, wenn der Hund ohne Leine angetroffen wird, wo dies nicht erlaubt ist.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Pläne von CDU und SPD vorsahen, dass Hunde mit Gehorsamsprüfung sich wieder frei in allen Grün- und Erholungsanlagen bewegen dürfen. Das haben die Grünen verhindert. Mit der blanken Erpressung, dass sie sonst das gesamte Gesetz nicht akzeptieren würden. Vielen Dank, Herr Maaß, vielen lieben Dank an die Grüne Fraktion. Es ist übrigens auch ein grüner Bezirksvorsitzender gewesen, der sich dazu hat hinreißen lassen zu behaupten, die Hamburger Hundehalter hätten kein Problem; sie seien das Problem.

Mein persönliches Fazit ist, dass die Grünen künftig eine Stammwählerin verloren haben. Wem nicht vorhandene Bodenbrüter wichtiger sind, als die Hunde dieser Stadt, der soll sich künftig doch von den Bodenbrütern in die Parlamente wählen lassen.

Tatsache ist, dass dieses neue Hundegesetz für alle Seiten schwere Herausforderungen bereithält. Wir werden zu gläsernen Bürgern, bevormundet, abgezockt und im schlimmsten Fall mit dem Verlust unserer Hunde abgestraft. Dieser maßlosen Arroganz der Macht werde ich nicht kampflos weichen.

Die Politiker fordern uns immer wieder auf, unsere Emotionen zu zügeln. Hier geht es schließlich um Politik und nicht um die in 20.000 Jahren gewachsene Beziehung zwischen Mensch und Hund. Die – das sei hier mal erwähnt – in unserer kalten und vom Tier entfremdeten Welt einfach magische Momente hat und für viele Menschen existentiell ist.

Nein, hier geht es um Politik. Dann soll das auch so sein. In der Staatspolitik gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: auf eine unfreundliche Aktion erfolgt eine mindestens ebenso unfreundliche Reaktion. Dafür gibt es in der Politologie auch einen Fachbegriff, aber der fällt mir momentan nicht ein. Die zu Grunde liegende Idee gefällt mir allerdings ausgesprochen gut! Wir sind verpflichtet, unsere Hunde beim zentralen Register anzumelden. Dafür gibt es eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2006. Ich möchte Sie sehr herzlich bitten, sich schon mal den 27. und 28. Dezember vorzumerken. Das ist ein Mittwoch und ein Donnerstag und absolut in der Frist. Die zuständigen Behörden werden viel Freude haben, sämtliche Hunde Hamburgs innerhalb von zwei Tagen registrieren zu sollen.

Und ich bitte Sie inständig: Boykottieren Sie die Gehorsamsprüfung! Wenn und falls diese Stadt uns tatsächlich Wanderwege und Rasenflächen in ausreichender Größe zur Verfügung stellt oder die Parkanlagen wieder freigibt, bin ich die erste, die bereit ist, dafür einen Gegenleistung zu erbringen. Ich bin aber erst mal genug in Vorleistung getreten: ich habe alles getan, um einen netten und gut sozialisierten Hund zu haben. Ich werde auf keinen Fall eine Gehorsamsprüfung ableisten, um meinen Hund auf Bürgersteigen an Straßen entlang trotten zu lassen. Das ist keine artgerechte Haltung und kein geeigneter Auslauf für einen Hund. Bitte fallen Sie auf die Mogelpackung ‚Befreiung von der Anleinpflicht‘ nicht herein. Sie füllen nur die Kassen der Hundeschulen und bekommen keine Gegenleistung.

Schließlich – das sollte inzwischen jeder mitbekommen haben – geht es dem Senat weder um das Wohl der Bürger, noch um das der Hunde. Es geht dem Senat um die Gehorsamsprüfung gegenüber der BILD Zeitung. Die fordert energisches Handeln, und das hat man jetzt getan. Der Senat will sich vor jeder Verantwortung drücken (die Beißvorfälle werden mit diesem Gesetz mehr werden – nicht weniger!) und wir sollen die Zeche zahlen.
Eventuell haben wir auch Glück und die Bild lässt Ruhe einkehren. Wie ich der TAZ vor einiger Zeit entnommen habe, soll sich Herr Diekmann (Anmerkung der Redaktion: Chefredakteur der Bild) einer Penisverlängerung unterzogen haben. Insofern hege ich die Hoffnung, dass mit der sexuellen Entspannung auch eine entspanntere Sicht der Dinge im Allgemeinen einhergeht und der Mann mal locker wird.

Glücklicherweise sind wir Betroffenen nicht alleine. Hunde haben in Hamburg eine Lobby, machen Sie mit; machen Sie uns noch stärker, als wir ohnehin schon sind. Wir werden gegen dieses Gesetz klagen und ich bin mir sicher, dass das Bundesverfassungsgericht seine Verantwortung gegenüber den Bürgern und den Rechten dieser Bürger ernster nimmt, als dieser menschenverachtende und arrogante Senat.

Es ist noch nichts verloren in unserer schönen Stadt. Wie Konrad Adenauer so schön zu sagen pflegte: ‚Leg Dich nicht mit Hundehaltern an – Du kannst nur verlieren‘. Wir werden uns wehren – wir werden kämpfen und wir werden gewinnen.“

Anschließend bemängelte auch Michael Weippert, tierschutzpolitischer Sprecher der FDP Hamburg, dass das Gesetz auf die Hunde und nicht auf die Halter abgestellt wurde. „Die Hamburger Bürgerschaft hat ein Gesetz beschlossen, dass von der gesamten Fachwelt kritisiert wird. Tierärzte, Verhaltensforscher und Tierschutzorganisationen sind sich einig, dass ein genereller Leinenzwang abzulehnen ist, genauso wie willkürlich erstellte Rassekategorien. Lediglich der ‚institutionalisierte Tierschutz an der kurzen Leine des Senats‘ apportiert artig das faulige Stöckchen von CDU, SPD und GAL.“

Den meisten der anwesenden Hundehalter lief ein Schauer über den Rücken, als Semra O. mit Tränenerstickter Stimme berichtete, dass ihr Familienhund Tyson nur wenige Tage vor der Demo nach einer Hundestreitigkeit von einem Polizisten erschossen worden war (vergleiche auch: Fehlender Sachverstand kostet Familienhund das Leben). Noch immer litten ihre Kinder unter dem Verlust ihres geliebten Freundes und könnten es gar nicht fassen, dass sie den Hund nie wieder in die Arme schließen könnten.

Ganz spontan bat jetzt ein etwa achtjähriger Junge darum, ein paar Worte sagen zu dürfen. Und besser hätte das Schlusswort gar nicht ausfallen können, denn der Kleine hatte eine Botschaft an den 1. Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg: „Herr Bürgermeister Ole von Beust, stellen Sie mehr Polizei ein, damit nicht noch mehr Kinder hier in unserer Stadt verhungern!“

Und als schon längst auf dem Rathausmarkt wieder Ruhe eingekehrt war, hing noch ein Transparent am Schmiedeeisernen Rathhaus-Tor…

Für die Unterstützung bei der Organisation und während der Demo dankt die Hunde-Lobby:

Claus Uebler und der Firma GRUELAG Sound & more für die professionelle Tontechnik,

Klaus Thumser (www.redpoint.de), Caro, Heinrich, Sabine und Ursula für unzählige Fotos,

Piet (www.baysound.de) und Angela für den genialen Demo-Rap,

Georg Danzer, dass wir seinen Song nutzen durften,

M.C.dog und Markus Schell, die uns für die Demo-Songs ihre Stimme geliehen haben,
den vielen fleißigen Helfern, die unermüdlich ihre freie Zeit für die Hunde dieser Stadt einsetzen und natürlich den großzügigen Hamburgern, die einmal mehr unsere Sammelbüchsen gefüllt haben.