Das System Poggendorf wackelt

Kommentar von Jule Thumser

Echte Tierschützer und wahre Tierfreunde mögen es noch gar nicht glauben: Hat der „König von der Süderstraße“ Wolfgang Poggendorf seinen Thron jetzt selbst zum Wackeln gebracht? Wie konnte dem ausgefuchsten Geschäftsmann nur so ein Kardinalfehler unterlaufen, dass sein dubioser Umgang mit Spenden und Erbschaften jetzt endlich doch noch ans Tageslicht kommt? Fast könnte es einem leid tun, dass er ausgerechnet über ein paar persönliche Andenken und Fotoalben stürzen sollte. Denn hätte „König Pogge“ der Freundin des Erblassers der Sylter Wohnung nicht die Herausgabe persönlicher Kleinigkeiten verwehrt, die Öffentlichkeit wüsste wahrscheinlich noch immer nicht, wie hinter den Türen der Süderstraße 399 gemauschelt und gekungelt wird.

Poggendorf in seiner Funktion als „Chefredakteur“ der „Ich & Du“ beim Tiergottesdienst in St. Johannis am Pfingstmontag . In der „Ich & Du“ wirbt der HTV übrigens regelmäßig massiv um Erbschaften. (Foto: HRB)

Gerüchte gab es ja immer schon, doch die hat er meist wortreich mit einem Handstreich, der Hilfe seiner Anwälte und den „Amigos“ in Senat und Bürgerschaft vom Tisch gefegt. Am Ende stand er immer da mit weißer Weste und einem vermeintlich großen Herzen für die Nöte der Tiere. Kritische Mitglieder wurden mit Abmahnungen und Ausschlussverfahren mundtot gemacht. Poggendorf scheute nicht einmal davor zurück, seine schärfste Kritikerin, die 87-jährige Hildegard Dobbertin, die seit Jahren Politik und Medien auf Ungereimtheiten im HTV hinweist, vor den Kadi zu zerren. Hätte man nur einmal auf die alte Dame gehört, viel Schaden hätte vom HTV abgewandt werden können.

Und nun hat es Poggendorf doch tatsächlich die Sprache verschlagen. Abgetaucht ist er und für niemanden erreichbar. Doch wie dreist muss man eigentlich sein? Da scheut sich „Hamburgs oberster Tierschützer“ zu Jahresbeginn nicht, den Hamburger Senat auf dem Rücken nächtlicher Fundtiere um weitere 60.000 Euro zu erpressen, während er sich jetzt mal eben – gedeckt von seinem Vorstand – eine Wohnung in bester Sylter Lage gut 100.000 Euro unter üblichem Marktwert unter den Nagel reißt – zum Nachteil des HTV. Bleibt zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen ganze Arbeit leistet und den Vorstand endlich zur Offenlegung aller Bücher verdonnert. Dann wird man vermutlichen feststellen, dass das Sylter Appartement nur die Spitze des Eisberges ist.

Ebenfalls zu hoffen bleibt, dass die rund 7.000 Mitglieder des HTV auf die Barrikaden gehen und geschlossen den Rücktritt des gesamten Vorstands fordern – nur so könnte der HTV noch einigermaßen unbeschadet aus der Angelegenheit herauskommen. Und wer etwas für Not leidende Tiere zu vererben hat: Es gibt noch andere Tierheime, wie beispielsweise das Franziskustierheim oder den Tierschutz Westerwohld, die jeden Cent umdrehen müssen und dennoch erstklassige Tierschutzarbeit leisten. Hier wären Spenden und Erbschaften zum Wohle der Tiere bestens angelegt.