Volkan wäre heute ein junger Mann, hätte vielleicht schon seine Ausbildung beendet oder wäre mitten im Studium. Doch vor 15 Jahren, am 26. Juni 2000, wurde der damals sechsjährige Junge auf dem Gelände der Schule in der Buddestraße in Hamburg-Wilhelmsburg von dem Staffordshire „Gipsy“ und dem Pitbull „Zeus“ so schwer attackiert, dass er wenig später seinen Verletzungen erlag. Als Polizisten die Hunde schließlich mit mehreren Schüssen stoppen, kommt für den kleinen Jungen schon jede Hilfe zu spät.
Der Halter von Zeus, Ibrahim K., wurde im Januar 2001 wegen fahrlässiger Tötung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und im November 2002 in die Türkei abgeschoben. Seine Freundin und Halterin von Gipsy, Silja W., bekam ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.
In Hamburg sorgte das Unglück für einen anhaltenden Medien-Hype, der dazu führte, dass die Hansestadt zunächst ihre Hundeverordnung verschärfte. Und plötzlich herrschte in der Hamburger Bürgerschaft im Kampf gegen so genannte „Kampfhunde“ seltene Einigkeit unter den Parteien, so dass am 1. April 2006 das wohl schärfste Hundegesetz der Republik in Kraft treten konnte.
Rückläufige Zahlen bei Beißvorfällen sieht die Politik bis heute als Bestätigung für ein in weiten Zügen tierschutzwidriges Gesetz, dabei könnte Volkan wohl noch leben, wenn die Behörden die damals gültige Hundeverordnung gewissenhaft umgesetzt hätten. Ibrahim K. und die beiden Hunde waren längst aktenkundig, doch die Behörden schauten tatenlos zu, wie der damals 23-jährige Türke seinen Rüden Zeus auf Spielplätzen scharf machte. Vom zuständigen Gartenbauamt wurden sogar regelmäßig zerbissene Schaukelbretter ausgetauscht, ohne dass auch nur ein Behördenvertreter, die drohende Gefahr erkannt hätte.
Es mangelte also damals nicht etwa an Verordnungen, um verantwortungslose Hundehalter zu stoppen, die geltenden Vorschriften wurden schlicht und einfach nicht umgesetzt, was letztendlich den tragischen Tod des kleinen Jungen zur Folge hatte.
Doch nicht nur der Tod eines unschuldigen kleinen Jungen ist zu beklagen, auch
- die Hunde, die in den Jahren danach beschlagnahmt und auf amtliche Anordnung getötet wurden
- die Menschen, die durch den Aktionismus der Politik ihren vierbeinigen Freund verloren haben
- und all die unschuldigen Pittbulls und Staffs, die trotz bestandenem Wesenstest ohne Chance auf eine Vermittlung im Hamburger Tierschutzverein einsitzen.
Damit das klar ist: Hunde gehören nicht in die Hände von verantwortungslosen Menschen und jede Bißverletzung ist eine Bißverletzung zu viel. Aber ein Hundegesetz, das auf Rasselisten setzt und nicht auf sachkundige Hundehalter, macht sich mitverantwortlich für das nächste Unglück, wenn ein unfähiger, verantwortungsloser oder durchgeknallter Mensch einen Hund als Beißmaschinen missbraucht.
Das „Protokoll eines vorhersehbaren Todes“ ist eindrucksvoll auf der Website von Panorama unter httpss://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2000/erste7372.html nachzulesen.