Seit geraumer Zeit melden sich bei mir vermehrt Mandanten, die Probleme der tierärztlichen Behandlung ihrer Lieblinge schildern und nachfragen, ob und was man in solchen Fällen unternehmen könnte. Nicht selten lautet der Sachverhalt: „Mein Hund wurde durch den Tierarzt untersucht, hat Medikamente bekommen oder wurde sogar operiert, letztendlich hat nichts geholfen und er ist immer noch krank. Jetzt habe ich schon so viel Geld ausgegeben, für Behandlungen die für ‚die Katz‘ waren!“
Gerade bezüglich der Haftung der Tierärzte kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Der Veterinär haftet grundsätzlich – mit einigen Ausnahmen – nicht für den Erfolg, der von ihm durchgeführten Behandlung. Bei dem geschlossenen Behandlungsvertrag handelt es sich in der Regel um einen Dienstvertrag (§§ 611 ff BGB), in dessen Rahmen die reine Tätigkeit geschuldet ist. Der Tierarzt schuldet danach lediglich eine Behandlung unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der tierärztlichen Heilkunde. Zu den oben erwähnten Ausnahmen zählen u. a. Schutzimpfungen, Ankaufsuntersuchungen oder Kastrationen. Hier schuldet der Veterinär den Erfolg einer Maßnahme und nach der Rechtsprechung liegt ein so genannter Werkvertrag (§§ 631 ff BGB) vor.
Wichtigste Pflichten des Tierarztes
Natürlich hat auch der Tierarzt Pflichten, die sich aus dem Behandlungsvertrag ergeben, zu beachten:
Sorgfaltspflicht: Hierbei handelt es sich um eine Kernpflicht im Behandlungsvertrag. Die Behandlung muss gemäß den aktuellen tiermedizinischen Erkenntnissen und Erfahrungen mit der nötigen tierärztlichen Sorgfalt erfolgen. Zu den ersten Schritten des Veterinärs gehört es zu überprüfen, ob Kenntnisse, Erfahrungen, Personal und Ausstattung ausreichend sind, um den Fall übernehmen zu können, denn sorgfaltswidrig handelt derjenige, der eine Behandlung übernimmt, die sein persönliches Können überschreitet.
Aufklärungspflicht: Neben der fachgerechten Behandlung schuldet der behandelnde Tierarzt die Aufklärung über die möglichen Behandlungsmethoden sowie deren Gefahren. Diese Beratung ist gerade Voraussetzung dafür, dass der Tierhalter entscheiden kann, welche Behandlung er für sein Tier anstreben soll. Hierzu gehören Erörterungen der Art und Weise der Behandlung, die Erfolgsaussichten und die Risiken. Stehen mehrere Behandlungsmethoden zur Auswahl, müssen auch diese Alternativen erörtert werden. Die Aufklärungspflicht des Tierarztes weicht jedoch entscheidend von der eines Humanmediziners ab, denn dieser hat das Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu beachten. In der Tiermedizin hingegen wird das wirtschaftliche Interesse zugrunde gelegt, welches neben dem Tierschutzgesetz, die wesentliche Leitlinie des Tierarztes darstellt.
Ein weiterer Irrtum besteht bei den meisten Tierhaltern darüber, dass Tierärzte über das so genannte Narkoserisiko aufzuklären hätten. Die Rechtsprechung hat diese Aufklärungspflicht verneint. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass jeder weiß, dass eine örtliche Betäubung, vor allem aber eine Vollnarkose, ein gewisses Risiko darstellt.
Dokumentationspflicht: Auch den Tierarzt trifft eine Dokumentationspflicht als vertragliche Nebenpflicht, dabei sind die wichtigsten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen und Verlaufsdaten festzuhalten. Ähnlich wie in der Humanmedizin genügt dabei eine Aufzeichnung in Stichworten. Die Dokumentation sollte mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden. Der geschlossene Behandlungsvertrag beinhaltet das Recht des Tierhalters auf Einsicht in diese tierärztliche Dokumentation. Sollte der Tierarzt dieser Pflicht nicht nachkommen und es kommt zu Streitigkeiten mit dem Tierhalter, so kann die Beweislast umgekehrt werden. Danach hat der Tierarzt zu beweisen, dass das ungünstige Ergebnis der Behandlung auch ohne den Fehler eingetreten wäre.
Der so genannte Behandlungsfehler
Das Wichtigste vorne weg: Für einen tierärztlichen Behandlungsfehler ist der Tierhalter darlegungs- und beweispflichtig! Im Gesetz findet sich keine Definition des tierärztlichen Behandlungsfehlers. Die Rechtsprechung wendet die in der Humanmedizin herausgearbeiteten Grundsätze an: Danach ist von einem Behandlungsfehler auszugehen, wenn der Tierarzt bei der Diagnose und Therapie, diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die allgemein von einem ordentlichen, pflichtgetreuen Durchschnittstierarzt in der konkreten Situation erwartet wird.
Eine Schadensersatzpflicht des Tierarztes wird nur dann bejaht, wenn neben dem Vorliegen eines Behandlungsfehlers noch folgende Voraussetzung gegeben ist: Zwischen dem Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Schaden muss ein unmittelbarer und kausaler Zusammenhang bestehen, das heißt, der Behandlungsfehler muss ursächlich für den Schaden gewesen sein. Gerade an der Voraussetzung der Kausalität scheitern viele Tierarzthaftungsprozesse.
Abschließend kann nur dringend angeraten werden, mit dem Tierarzt eingehend über die Behandlung zu sprechen und so viele Fragen wie möglich über Risiken und Alternativen zu stellen, damit man als Tierhalter ein möglichst vollständiges Bild über den Gesundheitszustand seines Tieres und deren Behandlungsmöglichkeiten erhält.
Selbstverständlich steht dem Tierhalter gegenüber Forderungen des Tierarztes der Rechtsweg offen, jedoch sollte der zugrunde liegende Sachverhalt genau geprüft und – aufgrund der zu tragenden Beweislast – die entsprechenden Beweismittel gesichert werden. Britta Rakow