Haben Radfahrer in Hamburg Narrenfreiheit?

Haben Radfahrer in Hamburg Narrenfreiheit?

Hamburg soll zur Fahrradstadt werden – das will die Politik und das wollen auch viele Bürger und Bürgerinnen. Doch wie kann es sein, dass die Radverkehrsföderung häufig zulasten des Fußverkehrs durchgeführt wird?

Haben Radfahrer in Hamburg Narrenfreiheit?

Leider erleben wir in Hamburg gerade, dass viele Radfahrer auf Gehwegen oder in Grünanlagen unterwegs sind. Dabei herrscht ein zunehmend aggressives Klima, bei dem nicht selten Fußgänger einfach „weggeklingelt“ oder mit hohen Geschwindigkeiten passiert werden.

Jüngstes Beispiel:

Am Vormittag des 18. Juni 2023 überfährt ein älterer Mann auf einem E-Bike absichtlich den Zwergdackel Missy. Er hätte ausweichen können, aber er steuerte geradewegs auf die angeleinte Hündin zu und überrollte sie mit voller Absicht. Missy kam in eine Tierklinik, wo sie engmaschig überwacht wird und die Ärzte um ihr Leben kämpfen. Sie hat Rippenbrüche und Blut im Bauchraum und der Lunge. Ärzte und Frauchen hoffen darauf, dass die Blutungen zum Stillstand kommen, da eine Operation in Missys schlechter Verfassung ein hohes Narkose-Risiko darstellt.

Weitere Beispiele:

  • das Ehepaar B. steigt nachts in Harburg aus seinem Auto. Zwei kleine Papillons an der Leine – als ein Radfahrer dicht an ihnen vorbeifährt und Herrn B. die Leine aus der Hand reißt. Diese wickelt sich unglücklicherweise um das Rad und einer der Hunde wird zu Tode geschleift. Der Radfahrer fährt weiter.
  • Barbara M. – an zwei Krücken laufend – wird auf dem Gehweg Ohlsdorfer Str. von einem Lieferfahrrad – auf der falschen Straßenseite fahrend – auf die Fahrbahn gedrängt
  • am Alsterlauf – Nähe Café Alsterwiesen – wird ein kleiner Hund, aus dem Wasser kommend – von einem Rad erfasst und totgefahren.
  • In der Ohlsdorfer Str., Höhe der Recycling Container, geht Monika R. mit einem angeleinten Hund an der Fußgängerampel bei Grün über die Straße, als ein Radfahrer abrupt neben ihr bremst.  „Och, jetzt hätte ich ja fast den Hund totgefahren.“ Frau R. verweist auf ihre grüne und seine rote Ampel und er antwortet: „Das gilt doch nicht für Radfahrer!“
  • Sabine E. geht mit ihrem Hund an kurzer Leine zu ihrem Auto, als ein Lieferfahrrad mit Tempo auf dem Bürgersteig auf sie und ihren Hund zufährt. Sie flüchtet sich in ihr Auto. Der Radler bepöbelt sie und schlägt auf ihr Auto ein. Strafanzeige gegen Sabine E., weil der dackelgroße Hund den Radler angeblich ins Knie gebissen habe.
  • Wieder Barbara M. – die Frau hat echt Pech! Sie geht auf dem Fußweg Barmbeker Str., als ein Radler von der Buchenstr. kommend, mit solcher Geschwindigkeit an ihr vorbeirast, dass sie ins Taumeln gerät und fast hinfällt.
  • Nachts, Ecke Barmbeker/Maria-Louisen-Str., fährt ein Radler ohne Licht bei Rot über die Kreuzung. Ein Streifenwagen steht in der Maria-Louisen und tut nix!
  • In Bönningstedt bei Hamburg geht eine Mutter mit ihren drei Kindern und einem jungen Bichon Frisé auf dem Bürgersteig. Eine e-Bike-Fahrerin nähert sich mit hoher Geschwindigkeit, fährt die kleine Hündin tot und entzieht sich ihrer Verantwortung durch Fahrerflucht.

Nicht nur unter Fußgängern, sondern auch unter Hundehaltern wächst die Wut über die legale und noch öfter illegale Aneignung ihres Raums durch das Rad. Die derzeitige Praxis in Hamburg, in aller Regel beide Augen zuzudrücken, fördert ein Klima der Rücksichtslosigkeit. Doch wie für alle anderen Verkehrsteilnehmer gilt auch für Radfahrer in Hamburg die Grundregel des § 1 StVO, nach der die Teilnahme am Straßenverkehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht erfordert. Insbesondere auf Gehwegen und in Grünanlangen muss die Sicherheit der Fußgänger stets Vorrang haben. Und gerade bei einer unklaren Verkehrslage muss gegebenenfalls durch Blickkontakt eine Verständigung mit dem Fußgänger gesucht werden. Erforderlichenfalls muss Schrittgeschwindigkeit gefahren werden, damit ein sofortiges Anhalten möglich ist, oder sogar vom Fahrrad abgestiegen werden.

Ein Unfall zwischen einem Radfahrer und einem Fußgänger kann theoretisch ganz erhebliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nach sich ziehen!  Doch Anzeigen gegen geflüchtete Radfahrer werden oft wegen Aussichtslosigkeit eingestellt, weil die Unfallverursacher mangels Kennzeichen am Fahrrad nicht ermittelt werden können. Zur Sicherheit der Hamburger und Hamburgerinnen vor Hunden, ist es der Stadt seinerzeit gelungen, eine Registrierungs-, Kennzeichnungs- und Versicherungspflicht für Hunde einzuführen. Wann endlich werden ähnliche Pflichten für Radfahrer umgesetzt?

Der Beitrag wurde am 18.6.2023 aktualisiert.

Foto: 123rf/juver123

4 Meinungen zu “Platz da!

  1. Ich kann dem leider nur beipflichten. Als ich ein Jahr lang mit Gehstützen und einer alten Hündin unterwegs war, wurde ich sehr oft fast über den Haufen gefahren, wenn ich bei Grün über die Ampel ging und wieder auf den Gehweg wollte (man muss nun mal über dem Fahrräder zum Gehweg). Ich hatte das in meinem „Freundeskreis“ bei FB damals auch thematisiert, da ich wirklich Angst hatte – mehr um meine blinde Hündin als um mich. Es gab damals unverschämte Antworten, u.a. „Mit 30 km/h kann ich nicht mehr bremsen – und als Fussgänger hat man sich auf E-Bikes einzustellen“… einige Leute habe ich damals entfreudet, weil ich es nicht mehr aushalten konnte… das waren hochgebildete Menschen, die sich anderweitig ehrenamtlich engagierten…

  2. Ich wohne in einer Nebenstraße, die Vorfahrt wird durch eine Ampel geregelt. Die Hauptstraße geht stark abfällig.
    Komme ich mit dem PKW bei Grün aus der Nebenstraße, erlebe ich fast immer, dass Fahrradfahrer auf dem Fahrradweg bei ROT und mit Schmackes den Berg herunter fahren.

  3. Ja, da kann ich leider nur beipflichten. Ich gehe jeden Morgen bei einer Fußgängerampel über die Straße. Die Autos halten bei rot doch die Fahrradfahrer fahren einfach durch!!! Bei uns wird auch grundsätzlich auf dem Gehweg gefahren. Da ich nun nicht sehr ängstlich bin, mache ich dann des Öfteren auf dem Fußweg keinen Platz, muss mich dann aber beschimpfen lassen. Ich habe Glück, dass ich einen größeren Hund habe, dadurch haben die Fahrradfahrer wohl etwas Respekt vor dem Hund. Dann wird grundsätzlich in beide Richtungen auf dem Gehweg gefahren. Normalerweise sollte man miteinander klar kommen, aber die Dreistigkeit der Fahrradfahrer ist extrem. Wenn ich dann noch sehe, wie breit ein Fahrradweg im Gegensatz zu einem Fußweg ist, kann ich nur staunen!

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