Voll war’s im Rathaus am 24. September 2005, denn mehr als 10.000 Hamburger waren der Einladung von Bürgerschaftspräsident Berndt Röder (CDU) gefolgt, um Politik aus erster Hand zu erleben. Und so hatte sich denn auch eine Abordnung der Hunde-Lobby im Plenarsaal eingefunden, um mit den tierschutzpolitischen Sprechern der drei Bürgerschaftsfraktionen über das „Neue Hundegesetz – Fluch oder Segen“ zu diskutieren.
In seinem Eingangsstatement sprach Dr. Andreas Dressel (SPD) davon, mit dem neuen Hundegesetz einen vernünftigen Interessensausgleich schaffen zu wollen, der vor allem Rechtsklarheit mit sich bringe. „Dazu gehört, dass der Hund, der nicht pariert, an die Leine kommt“. Der so genannte Hunde-Führerschein, der eine Gehorsamsprüfung für einfache Situationen vorsehe, solle möglichst unbürokratisch und möglichst kostengünstig zu erlangen sein und eine Besserstellung gegenüber der heutigen Situation mit sich bringen. Man denke deshalb auch darüber nach, die Wege in den Grünanlagen – über die bestehenden Freilaufmöglichkeiten hinaus – für freilaufende Hunde von Führerscheininhabern freizugeben.
Michael Fuchs (CDU) betonte einmal mehr, wie sehr ihm dran gelegen sei, dass das Gesetz fraktionsübergreifend Zustimmung finden werde. Es ginge darum, das Leben zwischen Mensch und Hund in der Großstadt zu regeln. Dabei werde man sich bemühen, zusätzliche Freilaufflächen für Hunde ohne Gehorsamsprüfung, aber auch mehr Möglichkeiten für Hunde mit Gehorsamsprüfung zu schaffen.
Die Sachkunde des Halters bezeichnete Christian Maaß (GAL) als zentralen Punkt. Ein Mindestmaß an Sachkunde würde zu mehr Sicherheit führen und auch besser für das Tier sein, denn dann würde sich keiner mehr „nur aus Daffke einen Hund anschaffen“. Man wolle mit mehr Flächen, die heute noch tabu sind, den Anreiz schaffen, dass Halter den Hundeführerschein ablegen. „Welche Flächen das sein werden und wer dafür zuständig sein wird, ist noch Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens“.
Hannelore Herrmann (IG Hundefreunde Bramfeld), Halterin zweier mittelgroßer Hunde, fragte, ob sie – als Inhaberin des Ausbilderscheins und nach Absolvieren der Begleithundeprüfung – zusätzlich noch den Hundeführerschein machen müsse. Gleichzeitig machte sie darauf aufmerksam, dass seitens der Bezirke sehr geblockt werde, wenn es z.B. darum ginge, in Bramfeld einen Hundewanderweg – wie von Herrn Dressel angeregt – einzurichten.
Michael Fuchs bestätigte der Hundehalterin, dass ihre Qualifikation weit über das hinausginge, was das Gesetz fordern werde und Dr. Dressel ergänzte, dass gleich- oder höherwertige Nachweise berücksichtigt würden. In Bezug auf die Bramfelder Problematik sagte er: „Manche Bezirke tun sich schwer, zusätzliche Flächen zu schaffen. Deshalb habe seine Fraktion extra die Verpflichtung zur Schaffung weiterer Flächen in den Antrag aufgenommen. Christian Maaß versprach zudem, über die Fraktion Kontakt zu den Bezirken aufzunehmen, denn er halte einen Hundewanderweg in Bramfeld für einen guten Vorschlag.
Als Vertreterin der Initiative doggy-x bat Angela Wierig die Politiker darum, einmal mitzurechnen: “ 60.000 Hunde in der Stadt x täglich drei Spaziergänge x jeweils 5 Begegnungen = 900.000 Kontakte Hund/Mensch pro Tag = 328.500.000 Kontakte im Jahr!“ Angesichts dieser Zahlen und vor dem Hindergrund von gerade einmal zwei Beißvorfällen in 2005, plädierte sie dafür, die durch das Gesetz verursachten Kosten in Höhe von 5 Mio. Euro doch besser in wirkliche Prävention in Kindergärten und Schulen zu investieren.
Dem hielt Christian Maaß entgegen, dass es doch aber gerade die wenigen, spektakulären Fälle wären, die durch die Medien für Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung sorgten. Daneben müsse man auch dem Sicherheitsgefühl der Bürger Rechnung tragen, denn nicht alle Menschen könnten angstfrei mit Hunden umgehen und auch deren Bedürfnisse müssten die Politiker vertreten.
Michael Fuchs nahm das Rechenbeispiel zum Anlass, um auf die nicht angemeldeten Hunde in der Stadt einzugehen und bezeichnete es als ungerecht, wenn sich deren Halter der Verantwortung entzögen. „Es ist ein Skandal, wenn jemand – verletzt durch einen Hund – ewig auf Entschädigung warten muss!“ In diesem Zusammenhang bestätigte Dr. Dressel, dass hinsichtlich der Haftpflichtversicherungspflicht Einigkeit zwischen Politik und Hunde-Lobby bestehe. Die Stadt könne es sich aber nicht leisten, dass sich gut die Hälfte der Hundehalter der Steuerpflicht entzöge. Auch teilte er die Ansicht von Angela Wierig, dass ein rechtzeitiges Heranführen von Kindern an Hunde die beste Prävention sei.
Nun stellte ein kleiner Junge eine Frage an die Politiker: „Wäre es nicht besser, die Hunde mit Maulkorb und ohne Leine laufen zu lassen?“ Hier zeigte sich, wie viel gerade Christian Maaß im vergangenen Jahr über das Mitgeschöpf Hund gelernt hat, denn er antwortete dem kleinen Jim sehr einfühlsam, dass ein Maulkorb den Hund bei einer so wichtigen Sache wie dem Schnüffeln sehr behindern würde und diese Lösung daher nicht gut sei.
Die oft gestellte Frage, was denn einen freilaufenden Hund im Park gefährlicher mache als auf einem öffentlichen Gehweg, stellte nun Oliver Bostedt von der IG Hundefreunde Farmsen. Christian Maaß begründete das mit der anderen Nutzungssituation der Grünanlagen und sagte: „Dort, wo es hohe Nutzungskonflikte geben kann, wollen wir den Leinenzwang aufrecht erhalten und dafür an anderer Stelle aufheben.“
Im Namen aller drei Fraktionen forderte Dr. Dressel die Hundehalter abschließend auf, die verbleibende Zeit bis zur Gesetzesvorlage zu nutzen, konkrete Vorschläge zu machen und in den nächsten Wochen aktiv mitzuarbeiten.
Den Besuch im Rathaus wollten die Hunde-Lobbyisten eigentlich auch dazu nutzen, Hamburgs 1. Bürgermeister Ole von Beust einen Ordner mit insgesamt 11.884 Unterschriften gegen den generellen Leinenzwang zu überreichen. Die Unterschriften waren zuvor von den 15 der Hunde-Lobby angeschlossenen Interessengemeinschaften sowie der Initiative leinenlos von Hamburger BürgerInnen mit und ohne Hund eingeholt worden. Bedauerlicherweise war der Bürgermeister nicht im Rathaus. Und nachdem es am drauffolgenden Montag nicht möglich war, einen Termin mit Ole von Beust zu vereinbaren, wurden die Unterschriften inzwischen im Rathaus für den Bürgermeister abgeben. Gleichzeitig erhielten auch die Senatoren und Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft das Begleitschreiben, mit dem die Hundefreunde erneut den Versuch machen, den Senat zum Einlenken zu bewegen und Abstand von generellem Leinenzwang und Rasselisten zu nehmen.
Und auch zum Thema „Wie kann Bildung in Zeiten knapper Kassen funktionieren?“ bezog die Hunde-Lobby Stellung und hinterlegte für Bildungs-Senatorin Alexandra Dinges-Dierig Vorschläge zu Unterrichtseinheiten mit Hunden an den Hamburger Grundschulen, zusammen mit Zeichnungen und Wünschen von Kindern, die bereits das Glück hatten, an einem Unterricht mit Hund teilzunehmen.