Wo bleiben Mensch und Natur?
Im Rahmen einer Vortragsveranstaltung am 13. Juni 2007 mit einem sehr interessierten Publikum hat die Hunde-Lobby in einer lebhaften und engagierten Diskussion erörtert, welche Konsequenzen sich aus den derzeitigen Plänen des Hamburgischen Senats zur Stadtentwicklung für die Menschen, die Natur und – natürlich – speziell auch für die Hundehalter ergeben können.
Grundlage für die Diskussion war der kürzlich von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt veröffentlichte Entwurf des „Räumlichen Leitbildes“. Hiernach ist vorrangig ein umfangreiches und zügiges Wachstum von Wirtschaft und Bevölkerung vorgesehen. Im Gegensatz zu früheren fachlichen Entwicklungsplanungen und im Gegensatz zu dem Erfordernis, alle wichtigen, relevanten Faktoren für eine ausgewogene gesamtgesellschaftliche Entwicklung in die Planung mit einzubeziehen, bleiben nunmehr u.a. soziale und umweltbezogene Fragestellungen deutlich untergeordnet oder werden gar nicht benannt.
Im Einzelnen ist u.a. festzustellen:
Das Räumliche Leitbild ist durchaus keine fachliche Entwicklungsplanung, wie es suggerieren will, es zu sein, sondern es ist in erster Linie ein politisches Manifest des Hamburgischen CDU-Senats zur Wirtschaftsförderung und -entwicklung.
Der Senat geht davon aus, dass bis zum Jahr 2020 etwa 80.000 Menschen mehr in Hamburg leben werden. Dagegen weisen andere Studien nach, dass ein deutlich geringeres Bevölkerungswachstum zu erwarten ist, und dass sich insbesondere die vom Senat umworbene Generation der Familiengründer nach wie vor eher im Umland von Hamburg ansiedelt.
Für diese 80.000 Menschen sollen rund 90.000 Wohnungen geschaffen werden. Bevorzugt sollen diese neuen Wohnungen auch an und in Parkanlagen, Grünzonen und in der freien Landschaft entstehen, die vom Senat als besonders attraktiv identifiziert wurden. Es scheint dem Senat zweitrangig, dass dadurch für die Allgemeinheit wichtige Flächen für die Nah- und Feierabenderholung verloren gehen.
Deutlich macht das Räumliche Leitbild, dass das Grün vielfach der Aufwertung von Wirtschafts- und Bauflächen dient (Grün macht Geld). Wo es unproduktiv ist, wird es auf eine „grüne Fuge“ reduziert bzw. gern außerhalb des Stadtgebietes gesehen (hier sollen z.B. möglichst die ökologischen Ausgleichsflächen realisiert werden).
Durch die zunehmende Minderung von Grünflächen und von naturnahen Qualitäten dieser Flächen werden zukünftig immer mehr Menschen gezwungen sein, ihre Naherholung in Gebieten außerhalb Hamburgs zu suchen. Dies betrifft auch die Hundehalter, die zudem durch das im Sinne der Stadtentwicklungsabsichten des Senats durchaus präventive Hundegesetz bereits jetzt kaum noch Möglichkeiten des unreglementierten Spazierengehens mit ihren Tieren finden.
Der Senat setzt in der Wirtschaftsentwicklung hauptsächlich auf wachstumsorientierte Branchen wie Hafen, Luftfahrtindustrie, Geschäfte mit China, Logistik u.ä. Bei dieser einseitigen Zuweisung von Aufmerksamkeit und Förderung ist die Gefahr groß, dass einer dieser sog. „Cluster“ crasht und damit Millionen von Fördermitteln verloren sind. Als Beispiel sei hier der Airbus A 380 genannt: Unsummen an staatlichen Geldern (genauer: Gelder der Bürger) flossen in die Herrichtung des Geländes (insbesondere Zuschütten von großen Teilen des Mühlenberger Lochs, eines ökologisch hochwertigen Feuchtgebietes von internationaler Bedeutung), ohne dass dies den bekannten wirtschaftlichen Schwierigkeiten rund um den A 380 einschließlich des drohenden Verlustes von Arbeitsplätzen vorbeugen konnte.
Der Senat setzt auf immer mehr und immer häufigere Events, um die scheinbare Größe und Bedeutung der Stadt Hamburg für Investoren und potenziell Zuziehende in die Welt zu tragen. Hierdurch wird jedoch die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von den eigentlichen Problemen im sozialen und ökologischen Bereich und auch von den eigenen Fehlplanungen des Senats (vgl. Domplatz-Bebauung) abgelenkt.
Dabei fördert der Senat Vorhaben, die als sog. Leuchtturmprojekte Hamburgs Ruf als junge, agile und prosperierende Stadt entwickeln bzw. manifestieren sollen. Er berücksichtigt dabei jedoch nicht, bzw. nimmt in Kauf, dass hierdurch auch vorhandene hohe Werte für die Bevölkerung zunichte gemacht werden. Als Bespiel seien hier die Absichten zum Umbau des Altonaer Volksparks zu einem sog. Sportpark genannt. Obwohl der Volkspark eine große Bedeutung für die Bevölkerung hat (er ist kostenfreier Naherholungsraum für die Bevölkerung der umgebenden, sozial nicht privilegierten Stadtteile, er ist ein beliebtes Revier für Spaziergänger, Jogger, Nordic-Walker, Hundehalter, für Kinder, die eine naturnahe Landschaft abseits des Verkehrs erleben können und für viele andere mehr). Ebenso ist er wichtig als Lebensraum für eine große Zahl von Tieren und Pflanzen sowie als historisches Denkmal. Dennoch sollen große Teile des Parks gänzlich für kommerzielle bzw. reglementierte Sportangebote vernichtet und andere Teile durch sog. moderne Sport- und Freizeitnutzungen empfindlich in ihrer Ruhe und heutigen Qualität gestört werden. Es ist unverständlich, dass der Senat die hohe Bedeutung des Volksparks für die sozialen und ökologischen Belange negiert und dieses einmalige naturnahe Areal inmitten der Großstadt Hamburg dem Ausverkauf anheim gibt.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die verstärkte einseitige Schwerpunktsetzung des Senats auf (scheinbar) prosperierende Teilaspekte in der Stadt zu einer Vernachlässigung vieler anderer gesellschaftlich wichtiger Aspekte und Bevölkerungsgruppen führen wird. Für die Hundehalter Hamburgs bedeutet diese Entwicklung, neben den bereits durch das unsachgemäße Hundegesetz bewirkten Einschränkungen der Möglichkeiten zur artgerechten und sozialverträglich orientierten Haltung der Tiere, weitere gravierende räumliche und inhaltliche Restriktionen.